Der Begriff der Schau bezieht sich auf Erfahrungen, die von außen oder von innen auf uns zukommen, die uns bewegen und durch Kunst in Erscheinung treten. Die Bilder oder Vorstellungen weisen auf Seiendes hin, aber sind es nicht selbst. In der Moderne lassen sich diese beiden Gegensätze der Kunst und des Bewusstseins vom Sein nicht trennen. Ein moderner Künstler durchdringt seinen Arbeitsprozess. Er erstellt aus der Erkenntnis für die Zusammenhänge von Stoff und Form sein Werk, gibt ihm Gestalt.
Andererseits: Wenn man heute jemandem etwas von einer Schau erzählt, dann reagiert er zunächst einmal skeptisch. Auf diesem unsicheren, ja anrüchigen Terrain hält man sich in unserer, von der Naturwissenschaft bestimmten Kultur nicht gerne auf. Man kann jemandem glauben oder nicht. Das ist dann aber eine persönliche Sache und hat nichts Allgemeinverbindliches. Um im Verständniskontext zu bleiben, bedarf es der Einsicht in das Dargestellte, dann erklärt es sich durch sich, dann wird es künstlerisch, wissenschaftlich und auch spirituell eindeutig. Dann hat es seine innere und auch äußerlich nachvollziehbare Schlüssigkeit. Das Schauen ist ein Vorgang, der eng mit dem Religiösen, mit dem Glauben an Höheres, mit Gottvertrauen verbunden sein kann. Es bezieht sich aber auch auf Menschenvertrauen oder die Einsicht in Gesetzmäßigkeiten der Natur. Schauen weist auf Einsicht.
Die Ausstellung »Schau« nimmt das Nadelöhr der Vorstellungsbildung und unseres scheinbar begrenzten Erkenntnisvermögens ins Augenmerk. Der Besucher wird in eine Welt geführt, die sich nicht so sehr auf das subjektive Innenleben des Künstlers bezieht, sondern den Bildwerdungsprozess aufschließt und klärt. Je nach Persönlichkeit wird sich diese Öffnung sehr eigen darstellen und andererseits auch auf Geistesverwandtschaften hinweisen. (Kurt Baumfeld)